Kunstprojekt auf dem Weg zur Kulturhauptstadt Europas 2025 startet am 6. November

Auftakt für WE PARAPOM! - Parade der Apfelbäume im Chemnitzer Stadtteil Morgenleite

Am 6. November startet mit WE PARAPOM! eines der richtungsweisenden Kunstprojekte auf dem Chemnitzer Weg zur Kulturhauptstadt Europas 2025. Die europäische Parade der Apfelbäume, kuratiert von der österreichischen Künstlerin Barbara Holub, wird einmal quer durch Chemnitz verlaufen.

Die Parade führt über Grundstücksgrenzen hinweg, bereitet damit den Nährboden für das Zusammenkommen von Menschen und wird begleitet von künstlerischen Interventionen, die bis 2025 fortlaufend realisiert werden. Parade und Apfel sind dabei Symbole für eine Reihe von Themen, die gezielt durch Künstler:innen aufgegriffen werden: Normierung und Normen, Migration, Heimat und Klimawandel ebenso wie Fragen zur aktuellen Situation von Demokratie.

Mit dem ersten öffentlichen Auftritt startet das Kunstprojekt am 6. November, 11 Uhr auf dem Parkplatz der Albert-Einstein-Grundschule im Stadtteil Morgenleite mit einleitenden Worten von Stefan Schmidtke, dem designierten Geschäftsführer der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 GmbH. Dort werden von der Künstlerin Folke Köbberling in aufwendiger Handarbeit mit Hammer und Meißel Flächen entsiegelt, um spätere Baumpflanzungen zu ermöglichen.

Sie verweist damit auf das Problem der Flächenversiegelung, das seit der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Sommer noch mal schmerzlich ins Bewusstsein gerückt ist. Ebenso wird damit sichtbar, wie schwer solche Prozesse der Versiegelung umzukehren sind. Alle Chemnitzer:innen sind eingeladen, sich bei der Entsiegelung zu beteiligen.

Um 14 Uhr wird Oberbürgermeister Sven Schulze zusammen mit dem sächsischen Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, Wolfram Günther, zum offiziellen Auftakt mit den Künstler:innen auf dem Terra Nova Campus die ersten Apfelbäume pflanzen.

Gegen 16 Uhr schließt die Auftaktveranstaltung mit einer vielstimmigen Performance aus Anwohner:innen und Performer:innen an der Albert-Einstein-Grundschule. Auch hier sind alle Chemnitzer:innen eingeladen, am Sprechchor der Performance mitzuwirken. Die gemeinsamen Proben beginnen 15 Uhr auf dem Parkplatz der Albert-Einstein-Grundschule.

Der Tag versteht sich als Auftakt für weitere Pflanzungen von Apfelbäumen, die zeitnah und an vielen Stellen in der Stadt erfolgen werden. Die Beteiligten stehen Ihnen vor Ort für Interviews zur Verfügung.

Hintergrundinformationen:
Ausgangspunkt für die Idee von WE PARAPOM! war ein öffentlicher Workshop im Rahmen der Bewerbung von Chemnitz als Kulturhauptstadt Europas 2025, zu dem die Künstlerin Barbara Holub im Frühjahr 2020 eingeladen wurde. In diesem Workshop wurde der Wunsch nach 2000 Apfelbäumen für Chemnitz formuliert, aus dem Barbara Holub das Konzept von WE PARAPOM! entwickelte. Das Konzept von WE PARAPOM! sieht folgende Elemente vor:

1. Pflanzungen von bis zu 4000 Apfelbäumen in Form einer Parade durch Chemnitz, die dauerhaft von Baumpat:innen gepflegt werden und damit die Grundlage für künstlerische Interventionen darstellen. WE PARAPOM! ist damit ein sozialer Prozess und lässt aus einer zeitgenössischen, aktuellen Perspektive auch an die Arbeit "7.000 Eichen - Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung" von Joseph Beuys, die er für die documenta 1982 in Kassel entwickelte, erinnern.

2. Warum der Begriff einer "Parade"?
Paraden haben eine lange Tradition als Ausdruck von Macht und dem zur Schau stellen von Regierungsinteressen und Ideologien. Hier erfährt das Feiern oft den Beigeschmack von erzwungenem Zujubeln, das einen auch erschauern lassen kann. Um die politischen Paraden würdig abfeiern zu können, wurden daher - vor allem in feudalen und kommunistischen Systemen - breite Prachtstraßen errichtet, so auch in Chemnitz. Mittlerweile haben sich jedoch auch marginalisierte Gruppen der Gesellschaft, wie beispielsweise die queere Bewegung, das Modell der Parade angeeignet. Stolz, laut, lustig und fantasievoll marschieren sie und zeigen der Gesellschaft damit, was diese oft nicht kann oder sich nicht traut - auch aus dem Rahmen zu fallen, und das zu genießen.

3. Vielfalt vs. Normierung
Der Apfel wird über EU-Normen definiert, und damit wird die Sortenvielfalt zusehends reduziert, sodass heimische Äpfel oder gar alte Sorten in Supermärkten kaum (mehr) angeboten werden. Fällt der Apfel durch die Norm, wird er in Österreich von einer deutschen Supermarktkette mittlerweile günstig als "Wunderling" angeboten. Was ist die Norm? Welche Normen sind notwendig für unser gesellschaftliches Zusammenleben? Wo wollen wir "aus der Norm fallen" und damit Position beziehen für das, was scheinbar "nicht passt"? Diesen "Wunderlingen", und der Erforschung ihrer Visionen und Makro-Utopien, stellt WE PARAPOM! Raum zur Verfügung und zur Diskussion.

4. Kunst
Nationale und internationale Künstler:innen werden ab Herbst 2021 künstlerische Interventionen realisieren. Aktuelle gesellschaftliche Themen wie Migration, Arbeitsbedingungen, Ökologie, Bodenversiegelung oder das Hinterfragen der Repräsentation von Macht stehen dabei im Mittelpunkt, ebenso wie Fragen zur aktuellen Situation von Demokratie und neuem Engagement der Zivilgesellschaft für aktive demokratische Teilhabe. Wie kann Kunst neue und verloren gegangene Qualitäten in unserem vom Druck nach Effizienz geprägten Alltagsleben aktivieren und damit in gesellschaftlichen Prozessen wirksam werden?

5. Verlauf
Die geplante Route finden Sie unter: https://weparapom.eu/Route-der-Parade
Weitere Projekte neben der Route werden mit vielen Kooperationspartnern geplant.

6. Kooperationen und Patenschaften
WE PARAPOM! kooperiert mit Naturschutzbund, BUND, Pomologenverein und Stadtverband der Kleingärten. Chemnitzer:innen sind dazu aufgerufen, Patenschaften und Pflege für die Apfelbäume zu übernehmen, das Projekt finanziell durch Spenden zu unterstützen oder Bäume auf ihren Grundstücken zu pflanzen.

Weitere Informationen: https://weparapom.eu sowie https://www.barbaraholub.com